Was finden zwei Männer in der Wildnis?
Das Vorhaben im Herzen eines Mannes ist wie ein tiefes Wasser …
Sprüche 20,5
Das geistliche Leben spielt sich nicht im ruhigen Wohngebiet ab, sondern immer im Grenzland.
Howard Macey
Endlich umgibt mich wieder die Wüste. Der Wind in den Palmzweigen rauscht hinter uns wie der Ozean. Unter ihren üppigen Baumkronen lässt sich gut ausruhen. Denn selbst in den heißesten Regionen ist die Palme ein Schattenspender, zumal ihre immergrünen Wipfeln nicht unter der sengenden Sonne vertrocknen. Kleine Wellen des Roten Meeres rollen heran. Die Berge Saudi-Arabiens im Horizon bekommen ihre rötlichen Farbtöne von der untergehenden Sonne. Ich bin mit meinem Sohn Os auf einer abenteuerlichen Wüstenwanderung im Sinai.
Doron und Sohn mit Kamelen im Roten Meer
Unter unseren Füßen breitet sich ein Teppich von gelbem heißem Sand aus – er streckt sich meilenweit in die trockene Landschaft. In dieser Gegend kann man tagelang auf dem Kamelrücken unterwegs sein, und außer hier und dort Beduinenzelten, keinen Menschenseelen begegnen. Wie jeden Tag scheint die prallende Sonne auch an diesem Nachmittag, doch die Nächte sind eiskalt. Der heiße Wind lässt uns den Schweiß nicht spüren. Es ist Anfang März und der Sommer hält Einzug. In der Ferne sind schon die Gipfel der hohen Berge zu sehen.
Vater und Sohn in der Wildnis (Sinai-Halbinsel)
Wir müssen schon wieder eine Pause einlegen, dabei weiß ich genau, dass jede neue Rast die Gefahr, nicht rechtzeitig vor der Tagesneigung zum Ziel anzukommen, mit sich bringt. Wir trinken aus unseren Wasserflaschen. Unsere Sattel sind mit feinem Wüstenstaub bedeckt.
Os muss in zwei Wochen zum dreijährigen Militärdienst in Israel antreten. Er wurde von der IDF für die Fallschirmspringer ausgewählt. Nach einem sechsmonatigem hartem Training muss er dann schon an die vorderste Front. Das benötigt mentale und physische Vorbereitungen.
Genau deshalb sind wir hier.
Os ist kürzlich 18 Jahre geworden und hat sein Abitur mit Exzellenz abgeschlossen. Er steht jetzt vor einem neuen herausfordernden Kapitel seines Lebens. Kein Zweifel, die israelische Armee wird seine Zukunft, wie auch seine Lebensberufung stark prägen. Jeder Mann hat eine göttliche Berufung. Ich habe meine in der Wüste erhalten. Auch Mose und die Propheten, sogar Jesus verbrachte vierzig Tage in der Wüste bevor er seine Berufung begonnen hat. Die Wüste hat etwas in sich, sie scheint stille zu sein, aber wenn alle weltlichen Geräusche und Stimmen um uns herum wegfallen, ist Gottes Stimme lauter zu hören.
Os Schneider macht eine Rast
|
Beduinen im Sinai
Sehen wir uns die großen Gestalten der Bibel an: Mose begegnet dem lebendigen Gott nicht im Einkaufszentrum. Er findet ihn (oder wird von ihm gefunden) irgendwo in der trostlosen Öde der Sinai-Halbinsel, weit weg vom Luxus Ägyptens. Dasselbe gilt für Jakob: Er trägt seinen Ringkampf mit Gott nicht im Wohnzimmer aus, sondern in einem Wadi irgendwo östlich des Flusses Jabbok in Mesopotamien. Wohin ging der Prophet Elia, um wieder zu Kräften zu kommen? In die Wildnis. Genau wie Johannes der Täufer und sein Cousin Jesus, von dem es heißt, dass er vom Geist in die Wüste geführt wurde.
Antworten auf die tiefsten Fragen
Was diese Entdecker auch sonst noch gesucht haben – sie alle suchten die Auseinandersetzung mit sich selbst. Tief im Herzen eines Mannes sind einige grundlegende Fragen, die nicht beiläufig am Küchentisch eine Antwort finden. Wer bin ich? Wie bin ich ge-schaffen und be-schaffen? Was ist meine Bestimmung und Berufung? Die Antworten auf seine tiefsten Fragen können nicht auf dem Fernsehschirm oder in der Kühltruhe gefunden werden. Weit draußen im heißen, trostlosen und weglosen Ödland hat Mose seine Lebensaufgabe bekommen. Er wurde herausgerufen, berufen – zu etwas viel Größerem, als er es sich je vorstellen konnte, zu etwas, das wichtiger war als eine Karriere als Generalgeschäftsführer oder auch als Prinz von Ägypten.
Unter einem fremden Sternenhimmel, mitten in der Nacht, hat Jakob einen neuen Namen bekommen – seinen wahren Namen. Von da an ist er nicht mehr der gerissene Geschäftemacher, sondern der Mann, der mit Gott gekämpft hat. Die Versuchung Jesu in der Wüste hat denselben Kern: Es geht um seine Identität.
“Wenn du wirklich der bist, für den du dich hältst …”Wenn ein Mann je herausfinden will, wer er ist und wozu er auf der Welt ist, dann muss er diese Reise zu sich selbst antreten.
Es fällt mir nicht leicht meinen achtzehnjährigen Sohn für drei Jahre an die Armee abzugeben, auch wenn ich weiß, dass der Gott Israels über sein Volk und seine Armee wacht. Dort wird er oftmals mit Leben und Tod Situationen konfrontiert werden. Mit 19 Jahren müssen die israelischen Soldaten schon entscheiden, ob und wer von den anderen Soldaten mit ihnen unter lebensgefährlichem Beschuss in das feindliche Haus stürmt, woraus die Terroristen schiessen. Das sind keine leichten Entscheidungen. Wenn du aber weißt, wer du bist und für was du kämpfst und das du noch eine ausstehende Berufung von Gott hast, dann verleiht dir dieses Wissen Mut, Kraft und Sicherheit.
Aus diesem Grund waren wir beide in die Wüste gegangen, auf eine Entdeckungsreise für seine Bestimmung im Leben, die er Euch eines Tages erzählen wird.
Es ist nie zu spät Deine Lebensbestimmung zu entdecken. Mose hat mit 80 Jahren seine begonnen, als er die Kinder Israel aus der Knechtschaft Ägyptens führte. Abraham hat mit 100 Jahren Isaak erzeugt und damit die Verheißung für Israel erhalten. Wir alle haben eine Berufung.
“Heute in zwanzig Jahren wirst Du mehr enttäuscht sein über die Dinge, die Du versäumt hast, als über die, die Du getan hast.
Also mache die Leinen los, verlass den sicheren Hafen, fang den Fahrtwind in deinen Segeln. Forsche, träume, entdecke!” (Mark Twain)